Illustration einer schwarz-weissen Spinne

Wir sind nicht die einzigen Lebewesen auf diesem Planeten, doch sehen wir die Dinge immer nur aus unserer Sicht. Wie aber wäre es, wenn wir hören könnten, was unsere 4-, 8- oder 111-beinigen Mitbewohner dieser Erde uns zu sagen haben? Was würden sie wohl über uns Menschen denken und wie würden sie ihr Zusammenleben mit uns empfinden?

Eine spannende Idee – sähen wir das ganze einmal aus ihrer Sicht und erführen, was sie uns alles zu sagen hätten. NATURZYT hat sich deshalb entschlossen, neue Wege auszuprobieren und sich darüber Gedanken zu machen, was wäre, wenn sie wie wir sprächen und wir sie einfach fragen könnten.

Von tödlich giftig bis absolut harmlos. Dicht behaart oder fast nackt. Winzig klein oder riesengross. Sie spalten die Meinungen der Menschen. Die einen lieben sie, halten sie sogar als Haustiere – die anderen ekeln sich. Einige fürchten sich sogar vor ihnen – dem Albtraum aus Jeremias Gotthelfs Buch – den Spinnen.

Da sitzen wir am Schreibtisch, redigieren die Texte, wählen optimale Bilder aus und auf einmal springt etwas über den Tisch. Was war das? Da, mitten in der Bildauswahl für die neue NATURZYT sitzt etwas Schwarzes. Eine Fliege denke ich, aber nein – es ist eine Spinne – 8 Augen schauen mich an, sieht im ersten Moment komisch aus. Bei näherer Betrachtung, nach dem ersten Schreck, ein faszinierendes Tier. Was soll man sagen ... Ach ja, ein Hinweis fürs nächste Interview. Also Block raus, Kamera an.

Hallo, mein Name ist Edgar Spiderman und ich vertrete meine Spezies im heutigen Interview. Heute können wir hoffentlich mit ein paar Vorurteilen uns gegenüber aufräumen.

Hallo, lieber Edgar, es ist schön, dass du mit uns dieses Interview führen willst. Wir haben ein paar Fragen vorbereitet, die hoffentlich dabei helfen, dass wir Menschen euch auch mal mit etwas anderen Augen sehen.
Ja, das wäre auch unser Wunsch. Was möchtet ihr denn gerne über uns erfahren?

Zuerst möchten wir natürlich gerne mehr über dich wissen. Zu welcher Gattung gehörst du und was sind denn die Spezialitäten deiner Gattung?
Ich bin eine sogenannte Zebra-Springspinne und gehöre zur Gattung der Webspinnen. Wir sind die am meisten vertretene Art in dieser Gattung.

Was sind denn die auffälligsten Merkmale, die euch von anderen Spinnentieren unterscheiden?
Du meinst sowas wie, weshalb wir die coolsten und lustigsten Spinnen aller Arten sind, richtig?


 Im Gespräch mit NATURZYT

Schwarze Spinne auf dem Boden

Edgar Spiderman als humorvoller Springspinnen- Mann in der NATURZYT-Redaktion und spontan bereit für unser Interview. Erfolgreicher Lauerjäger, Adrenalin-Junkie, Spring-ins- Feld und betörender Spinnendale-Tänzer lässt er die Spinnenfrauen-Herzen höher schlagen. Die Bildauswahl war mit ihm nicht ganz einfach – aber wir konnten uns am Schluss doch noch einigen. Danke Edgar.


Genau, sowas in der Richtung.
Dann schau mir in die Augen kleines ... nicht in alle 8, sondern nur in die beiden vorne am Kopf. Wie du siehst, sind die beiden vorne am Kopf viel grösser als die anderen 6. Das ist so, weil wir in diesen Augen Glaskörper haben und somit nicht nur die bestaussehendsten Spinnen sind, sondern auch die, die am besten sehen können. Mit diesen Augen können wir nicht nur betören, sondern wir erkennen auch unsere Beute, Feinde und hübsche Spinnenmädchen auf eine Distanz von bis zu 30 cm.

Das ist wirklich cool. Und mit lustigsten Spinnen meinst du doch sicher, weil ihr so lustig in der Gegend herumspringt oder?
Nein, wir sind die lustigsten, weil wir so viel Humor haben. Wir pflegen nicht einfach so in der Gegend herumzuspringen. Wir lauern auf Beute, pirschen uns strategisch heran und wenn wir nahe genug sind, dann springen wir sie an und erlegen sie. Da wir so gut sehen, sind wir die einzigen Spinnen, die auch tote Beute erkennen können. Die müssen wir dann auch nicht mehr anspringen.

Spinnt ihr eigentlich auch Fangnetze?
Nein, das ist bei unserer Technik nicht nötig.

Dann habt ihr also gar keine Spinnenseide?
Natürlich haben wir Spinnenseide. Wir sind schliesslich auch Spinnen. Nur weben wir keine Netze damit, um Beute zu fangen, sondern wir brauchen sie, um Ei-Kokons herzustellen oder als Sicherungsseil, wenn wir wie Akrobaten von Blatt zu Blatt springen oder uns wie Bunge-Jumper nach unten auf Beute stürzen. Falls wir unser Ziel mal verfehlen, was sehr selten vorkommt, können wir uns immer wieder hochziehen und an den Ausgangspunkt zurückkehren.

Du hast vorhin mal hübsche Spinnenmädchen erwähnt. Bei uns nennt man Frauen, die einen Männerverschleiss haben, Schwarze Witwen, weil diese ja bekanntlich ihre Freier nach der Paarung fressen. Wie ist das eigentlich bei euch Edgar. Läufst du auch Gefahr gefressen zu werden wenn du ein passendes Mädchen findest?
Es ist schon speziell bei uns. Da wir eigentlich alles, was kleiner als wir ist, als Beute betrachten, laufen wir Männchen immer Gefahr, gefressen oder zumindest verletzt zu werden, da unsere Weibchen meist grösser als wir sind. Aber dafür haben wir ja spezielle Tänze und andere Merkmale, wie zum Beispiel schöne, schillernde, farbige Haare, die wir benutzen, um unsere Weibchen milde zu stimmen und zu beruhigen. Man muss halt ein Frauen-Versteher sein, dann verliert man vielleicht höchstens mal ein Bein und nicht gleich sein Leben.

Na, da bin ich aber froh, dass ich ein Mensch bin, wobei; ich wär ja dann ein Weibchen ... Spass beiseite, gibt es noch irgendetwas, was du uns gerne sagen möchtest Edgar, etwas, das du uns Menschen als Ratschlag eurer Rasse mit auf den Weg geben möchtest?
Ich möchte euch gerne sagen, dass Schönheit immer im Auge des Betrachters liegt. Also bitte, schaut uns mal ganz genau an und ekelt euch nicht vor uns. Weshalb solltet ihr uns also fürchten, ihr seid viel grösser als wir und könntet uns mit Leichtigkeit zerquetschen, deshalb gehen wir euch aus dem Weg, so gut es eben geht. Wir halten eure Umgebung so gut wie möglich mücken- und fliegenfrei auf ganz biologische Weise. Wir können gut zusammenleben, wenn wir uns gegenseitig respektieren und uns Raum geben. Also versuchen wir’s doch einfach mal miteinander.

Vielen lieben Dank Edgar für dieses tolle, fröhliche Gespräch. Es hat uns riesig Spass gemacht und wir wünschen dir alles Gute für die Zukunft.
Danke, auch ich fand es sehr schön, mit euch zu plaudern, und ich wünsche euch viel Erfolg für die Zukunft. Tanzt, lacht, seid fröhlich und geniesst das Leben jede Sekunde.

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NATURZYT Ausgabe September 2014, Text Virginia Knaus, Foto Virginia Knaus Illustration Sandra Huguenin

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