die Elfenbeindistel mit grauen Stachelblättern

Winterschmuck und Lebensraum! Zierende Bodenbedeckung während der kalten Jahreszeit und schützender Unterschlupf für Kleingetier. 

Grundständige Rosetten kommen in mannigfaltiger Farben- und Formenpracht daher. Die einen besitzen eine wollige oder flaumige Blattstruktur, andere sind geschlitzt oder mit wehrhaft en Dornen besetzt , und dann wären da noch jene spektakuläre n Geschöpfe, welche alle diese Merkmale miteinander vereinen.

Was sind Rosettenpflanzen?

Blattrosetten kommen vorwiegend im mediterranen Raum oder im Hochgebirge vor. Durch ihr grundständiges Blattkleid sind sie in der Lage, die höhere Wärme in Bodennähe für die Assimilation (Stoffwechsel) zu nutzen. Die meisten Arten besitzen einen ein- bis zweijährigen Lebenszyklus und sterben nach der ersten Blüte ab. Dabei handelt sich um Pionierarten welche gerne Ruderalflächen jeglichster Art, d.h. gestörte Flächen mit offenem Boden, besiedeln. Mit ihren Blättern überdauern sie vom Winter bis zum Frühjahr und ziehen dementsprechend nicht ein. Sobald es wärmer wird, beginnen sie mit dem generativen Wachstum, strecken ihren Spross und beglücken uns mit einem meist imposanten Blütenspektakel. In der Botanik unterscheidet man zwischen Halb-und Ganzrosettenpflanzen. Die «Ganze» Rosette trägt keine Stängelblätter, wo hingegen die «Halbe» wenig bis reich beblättert ist.

Verschiedene Rosettenpflanzen im Garten im Sommer
Eine dichte Gesellschaft von Rosettenpflanzen. Direktsaat und Pflanzung im Juli 2022.

Ein ökologisches Wunder

Rosettenpflanzen sind nicht nur nett zu beäugen, des Weiteren bieten sie aufgrund ihrer bodennahen, den Winter überdauernden und oft starkwüchsigen Gestalt Insekten, Spinnentieren, Asseln und vielen Mikroorganismen Lebensraum und Schutz. Ums Herz der Rosette tummelt sich in den meisten Fällen vielerlei Kleingetier, insbesondere Wanzen, Spinnen und Käfer fühlen sich geborgen. Bei sehr üppigen Exemplaren überwintern oder rasten auch mal Erdkröten (Bufo bufo), Grasfrösche (Rana temporaria) und Bergmolche (Ichthyosaura alpestris). Rosettenpflanzen sind daher in einem naturnahen und strukturreichen Garten ein Muss!

Diese Alleskönner besitzen zudem bodenschützende und -belebende Eigenschaften. Während trockener Zeiten halten sie den Boden feucht und das Bodenleben intakt, schützen die oberen Schichten vor Erosion durch Frost, Wind, Starkregen und Umweltgift en. Die perfekte Gründüngung.

WIlde Artischocke und gelbe Blüten im hinter ihr
Die Wilde Artischocke (Cynara cardunculus) bildet eine wintergrüne Halbrosette. Hier im schönen Kontrast zum Färberwaid (Isatis tinctoria).

Da sie meist eine tiefreichende Wurzel treiben, ziehen Rosettenpflanzen Wasser aus unteren Erdschichten nach oben und machen dieses für die höher gelegene Vegetation verfügbar. Diese Eigenschaft macht Arten mit einer Blattrosette und tiefen Wurzeln im Übrigen für die Zukunft interessant. Ausserdem lockern sie die Bodenstruktur.

Nach der auffälligen Blattrosette folgt normalerweise ein bei Insekten beliebter Blütenflor. Disteln (Cirsium, Carduus und Onopordum, z.B. Ptilostemon), Königskerzen (Verbascum), Natternköpfe (Echium), Nachtkerzen (Oenothera), Fingerhüte (Digitalis) und Schuppenköpfe (Cephalaria) bieten während der Blütezeit ein reiches Buffet. Davon profitieren auch viele spezialisierte Insektenarten.

Die reifen Samenstände werden von diversen Sperlingsvögeln wie z.B. dem prächtig gefärbten Stieglitz (Carduelis carduelis) dankbar abgeerntet. Obendrein nützen verschiedene Insektenarten die Pflanzenstängel als Kinderstube.

In Anbetracht der flaumigen oder wolligen Blattstruktur , welche einige der «rosettigen» Artenbesitzen, kommt die Garten-Wollbiene (Anthidium manicatum) bei Königskerzen wie der Seidigen Königskerze (Verbascum bombyciferum «Polarsommer») und der Gewöhnlichen Eselsdistel (Onopordum acanthium) auf ihre Kosten. Denn sie bevorzugt Pflanzenhaare , um ihr Nest auszupolstern.

Grüne Blätter des Nattenkopf
Der Boissiers Natternkopf (Echium boissieri) ist eine echte Augenweide im Rosettenstadium.

Rosettenpflanzen im Garten verwenden

Arten wie die Kandelaber-Königskerze (Verbascum olympicum) und die Wollkopf-Kratzdistel (Cirsium eriophorum) sind wahrlich keine Kandidaten für Balkongärten mit überschaubarer Grösse. Rosettenpflanzen, welche normalerweise eine stattliche Dimension erreichen, sind allerdings Überlebenskünstler, was die Gegebenheiten betrifft, und passen sich dementsprechend an. Man sieht sie z.B. auch gerne mal in Fugen im urbanen Raum wachsen. Ihr volles Potenzial entfalten sie jedoch nur unter guten Bedingungen. Nickende Distel (Carduus nutans), SchlitzblattKarde (Dipsacus laciniatus), Roter Fingerhut (Digitalis purpurea), Färberwaid (Isatis tinctoria), Illyrische Eselsdistel (Onopordum illyricum) und Gewöhnliche Nachtviole (Hesperis matronalis) benötigen Raum und bevorzugen nährstoffreiche, tiefgründige und sonnige oder halbschattige Standorte.

Für die Topfkultur auf Terrasse oder Balkon eignen sich z.B. FlachblattMannstreu (Eryngium planum), WiesenSalbei (Salvia pratensis), Schwarze Königskerze (Verbascum nigrum) Gewöhnliche Golddistel (Carlina vulgaris), Echte Schlüsselblume (Primula veris) , die eine Ganzrosettenpflanze ist, und Russischer Natternkopf (Echium russicum).

Da die Mehrheit der Rosettenpflanzen zweijährig ist, empfiehlt es sich , noch während der Sommermonate oder im Frühherbst Jungpflanzen zu setzen oder direkt anzusäen. So reicht ihnen die noch vorhandene Vegetationsperiode , um eine stattliche Rosette auszubilden und im kommenden Sommer mit einer überzeugenden Blüte zu glänzen.

Wenn im Garten oder auf dem Balkon bereits samentragende Exemplare vorhanden sind, sollte im Radius der Pflanzen für offenen Boden gesorgt werden. 

Rosettenpflanzen sorgen optisch das ganze Jahr über für bereichernde Akzente und harmonieren mit horstigen, kriechenden, niederliegenden, ausläuferbildenden und besonders aufrechten filigranen Wuchsformen. Aus meiner Sicht wirkt ihre Gestalt ausgesprochen stimmig , wenn diverse rosettenbildende Arten dicht beieinander stehen. Die unterschiedlichen Texturen und Formen werten sich gegenseitig auf. Im Zusammenspiel mit höheren Gräsern, verspielten und eher filigranen Details sind sie jedoch auch ein Augenschmaus.

Ich habe die wunderschöne Vielfalt an Blattrosetten als fühlbare Verlängerung der Vegetationsperiode und trostspendendes Grün während der kalten und dunkeln Wintertage für mich entdeckt. Sie wärmen das Herz mit Vorfreude auf die kommende Saison. 

Auswahl von Rosettenpflanzen für den naturnahen Garten

Kandelaber Königskerte in der Sonne

Kandelaber-Königskerze - Verbascum olympicum

gelb Blütezeit: Juni–August Höhe: 150–220 cm mehrjährig Standort: Ruderal, Beet, sonniger Gehölzrand, sonnig, trocken–frisch, nährstoffreich–mässig nährstoffarm Partner: Ruthenische Kugeldistel (Echinops ritro), Wiesen-Storchschnabel (Geranium pratense), Wilde Möhre (Daucus carota)

Nickende Distel in der Sonne

Nickende Distel - Carduus nutans

purpur Blütezeit: Juni–August Höhe: 80–180 cm zweijährig Standort: Ruderal, sonniger Gehölzrand, Beet, sonnig, trocken–frisch, nährstoffreich–nährstoffarm Partner: Heil-Wurz (Seseli libanotis), Färber-Hundskamille (Anthemis tinctoria), Wander-Bibernelle (Pimpinella peregrina)

Verzweigte Eseldistel

Verzweigte Eseldistel - Onopordum bracteatum

purpur Blütezeit: Juni–August Höhe: 150–220 cm zweijährig Standort: Ruderal, sonniger Gehölzrand, Beet, sonnig, trocken–frisch, eher nährstoffreich–nährstoffarm Partner: Liebstöckel (Levisticum officinale) Hanfblättriger Eibisch 

Weber-Karde

Weber-Karde - Dipsacus sativus

weiss Blütezeit: Juli–August Höhe: 120–180 cm zweijährig Standort: Waldrand, ruderal, Gehölzrand, Beet, sonnig, halbschattig, mässig trocken, frisch, nährstoffreich, mässig nährstoffarm Partner: Schmalblättriges Weidenröschen (Epilobium angustifolium), Graue Kratzdistel (Cirsium canum), Französischer Milchlattich (Cicerbita plumieri)

Graue Kratzdistel

Graue Kratzdistel - Cirsium canum

purpur Blütezeit: Juli–September Höhe: 120–200 cm mehrjährig Standort: Waldrand, Teichrand, Feuchtwiese, Gehölzrand, Beet, sonnig, halbschattig, feucht–frisch, nährstoffreich Partner: Sumpf-Wolfsmilch (Euphorbia palustris), Blutweiderich (Lythrum salicaria), Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium)

Muskatteller-Salbei

Muskatteller-Salbei - Salvia Sclarea

rosaviolett Blütezeit: Juni–August | Höhe: 50–150 cm zweijährig Standort: Trockenruderal, Beet, Balkon, sonnig, trocken–frisch, nährstoffarm–nährstoffreich Partner: Ochsenauge (Buphthalmum salicifolium), Gewöhnliche Ochsenzunge (Anchusa officinalis), Heil-Ziest (Stachys officinalis)

Gewöhnliche Golddistel

Gewöhnliche Golddistel - Carlina vulgaris

gelb Blütezeit: Juli–September Höhe: 30–60 cm zweijährig Standort: Trockenruderal, Trockenrasen, sonniger Gehölzrand, Beet, Balkon, sonnig, trocken–frisch, mässig nährstoffreich– eher nährstoffarm Partner: Blutroter Storchschnabel (Geranium sanguineum), Genfer-Günsel (Ajuga genevensis), Wiesen-Salbei (Salvia pratensis)

Flachblatt-Mannstreu

Flachblatt-Mannstreu - Eryngium planum

blau Blütezeit: Juli–August Höhe: 40–100 cm mehrjährig Standort: Beet, sonniger Gehölzrand, Balkon, sonnig–halbschattig, trocken–frisch, nährstoffreich–mässig nährstoffarm Partner: Woll-Ziest (Stachys byzantina), Pyrenäen-Reiherschnabel (Erodium manescavii), Bronze-Fenchel (Foeniculum vulgare «Smokey»)

Kretischer Ziest

Kretischer Ziest - Stachys cretica

lilarosa Blütezeit: Juni–August Höhe: 60–100 cm mehrjährig Standort: Trockenruderal, sonniger Gehölzrand, Beet, Balkon, sonnig–halbschattig, trocken–frisch, mässig nährstoffreich–nährstoffarm Partner: Acker-Glockenblume (Campanula rapunculoides), Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria), Schwarze Königskerze (Verbascum nigrum)

Schwarze Königskerze

Schwarze Königskerze - Verbascum nigrum

gelb Blütezeit: Juni –August Höhe: 100–120 cm mehrjährig Standort: Trockenruderal, sonniger Gehölzrand, Beet, Balkon, sonnig–halbschattig, trocken–frisch, mässig nährstoffarm–nährstoffreich Partner: Grosser Ehrenpreis (Veronica teucrium), Mazedonische Witwenblume (Knautia macedonica), Affodill-Storchschnabel (Geranium asphodeloides)

Gewöhnlicher Natternkopf

Gewöhnlicher Natternkopf - Echium Vulgare

weiss Blütezeit: Mai–Juni Höhe: 60–80 cm zweijährig Standort: Trockenruderal, sonniger Gehölzrand, Beet, Balkon, sonnig– halbschattig, trocken–frisch, mässig nährstoffreich–nährstoffreich Partner: Prachtkerze (Oenothera indheimeri), Gewöhnlicher Dost (Origanum vulgare), Seidige Königskerze (Verbascum bombyciferum «Polarsommer»)

Agavenblättrige Mannstreu

Agavenblättrige Mannstreu - Eryngium agavifolium

weiss Blütezeit: Juli–September Höhe: 60–120 cm mehrjährig Standort: Beet, Balkon, sonnig, trocken–frisch, mässig nährstoffreich–nährstoffreich Partner: Prärie-Igelkopf (Echinacea pallida), Hoher Goldbaldrian (Patrinia scabiosifolia), Wiesen-Witwenblume (Knautia arvensis)

Weitere interessante Pflanzen für den naturnahen Garten die Sie interessieren werden:

Schmückende Samenstände im winterlichen Garten

Die Blüten der Nachtblumen im eigenen Garten

Pflanzen für Plattenfugen als neuer Lebensraum


NATURZYT Ausgabe Dezember 2022, Text Sebastin Wagener, Fotos Sebastian Wagener, Noel Weiss

NATURZYT abonnieren und mit uns, unsere Natur unterstützen.

Cover der aktuellen NATURZYT Ausgabe mit Verlinkung auf unser Abo-Formular

Das Magazin NATURZYT berichtet nicht nur über unsere Natur, damit Sie diese näher erfahren und erleben können, sondern damit Sie gemeinsam mit uns, unsere Natur mehr bewahren und schützen lernen. Deshalb unterstützt NATURZYT auch wichtige Naturprojekte mit einem Teil der Abo-Einnahmen. 

Jedes Abo hilft Naturprojekten! Jetzt unterstützen und abonnieren.

Buch Ravensong - Auch Tiere haben eine Stimme

   

In spannenden und packenden Interviews erzählen unsere Wildtiere mehr über sich, wer sie sind, wie sie leben und auch was sie von uns Menschen erwarten würden.

Jetzt bestellen für CHF 34.90 im A5 Hardcover

Anzeige

NATURZYT Newsletter abonnieren

Mehr Natur erfahren

Waldameisen sind krabbelnde Heizkörper

Waldameise auf weissem Hintergrund

Im März beginnt der Saisonstart für die Waldameisen und die ersten erwachen aus der Kältestarre um sich aufzuheizen.

Haben Regenwürmer Augen?

ein Regenwurm auf weissem Untergrund

Er wühlt die Erde um unser Regenwurm - hat er Augen damit er sieht, was er macht?

Mehr Natur bewahren

Greifvogel Porträt: Der Sperber

Sperber auf Ast in der  Greifvogelstation Berg am Irchel

Sperber sind flinke und wendige Flieger und ernähren sich hauptsächlich von Kleinvögeln.

Fledermaus-Porträt der Rauhautfledermaus

Rauhautfledermaus liegend auf Holzboden

Rauhautfledermäuse sind in der Schweiz typische Wintergäste. Doch wer ist Sie? Ein Kurzporträt der Rauhautfledermaus.

Mehr Natur erleben

Wandern im Güttinger Wald am Bodensee

Blumenwiese vor See in Güttingerwald

Er gehört zu den schönsten Wäldern der Schweiz, der Güttinger Wald am Bodensee.

Wandern in der Agglo Basel im Frühling in der Sissacherflue

Kühe unter blühenden Kirschenbäumen im Frühling

Frühlingswandern in der Agglomeration Basel wo sich die Juraketten mit ausgedehnten Wäldern erstrecken.